Eine kürzere, Version dieses Reiseberichts, dafür farbig und bunt, wurde inzwischen auf dem ASI-Blog veröffentlich! 
Ankunftstag
Es ist Februar 2020 und wir sind mit Schneeschuhen unterwegs in der Fanesgruppe, Bestandteil des "Naturparks Fanes-Sennes-Prags, einem ladinisch geprägten Teil der Dolomiten. Unser Quartier ist die Faneshütte, die Reise gebucht über die Alpinschule Innsbruck.
Treffpunkt zum Aufstieg ist der Berggasthof Pederü. Es gibt einen Apfelstrudel und einen Cappuccino; man stellt sich vor. Unser Bergführer heißt Christian, die Gruppe im Wesentlichen weiblich, alle Vornamen beginnen mit einem "S".
Wir geben das Gepäck für die nächsten Tage ab, es wird mit einem Schneemobil zur Hütte hochgebracht.
Zu Fuß geht's los.
Hey ho, let's go!
Aufstieg zur Faneshütte
Erster Tourentag
Am Vorabend wurde die Tourenwoche skizziert. Das Wetter ist wechselhaft angekündigt, der Schnee alt und teilweise hart, darauf gilt es Rücksicht zu nehmen. Tourenziele wurden angesprochen (Col Becchei schwierig, Heiligkreuzspitze eher gegen Ende der Woche). 
Angenehm ist jedenfalls unsere Hütte. Zweibettzimmer, warme Duschen, eine nette Atmosphäre und beim Essen gibt es nichts zu meckern. Gipfel der Dekadenz: Augustiner vom Fass (vom Fernseher im Zimmer ganz zu schweigen). Für mich allerdings das Beste und (neben den Fernsehern noch nie auf einer Hütte gesehen): es gibt eine kleine Wäscheschleuder!

Die erste Hüttennacht ist bei mir immer etwas problematisch ob der ungewohnten Höhe, das für den ersten Tag ausgerufene Tourenziel allerdings machbar. Eine Eingehtour zu einem Felsgumpf im Halbrund zwischen Heiligkreuzkofel, Zehner und Neuner: dem Castel de Fanes.
Auf das Castel de Fanes
Um es gleich vorwegzunehmen: es war nicht mein Tag und die Begeisterung über die Tour hat sich in Grenzen gehalten. Der Schnee war Mist, aber auch so hätt' ich mich mit dem Steigen schwer getan. Nehmen wir einfach an, ich war noch nicht so richtig akklimatisiert.
Der Berg selbst ist durchaus nett zu besteigen und als Ziel für den ersten Tag angemessen und sinnvoll. Aber spätestens beim Abstieg hat man gemerkt, dass es zu warm war, und der Schnee noch aus dem Dezember. Unter der Oberfläche lauern fiese Löcher und der nasse Schnee wirkt wie Beton, wenn man einmal drin steckt.
Das Gute: man beginnt den beiden anstehenden Schlechtwettertagen etwas Positives abzugewinnen. Kälte und Schnee ist, was wir jetzt brauchen!
Zweiter Tourentag
Morgens die Ankündigung: wir gehen heute auf den Col Becchei! Der angekündigte Schneefall soll gegen Mittag einsetzen, danach ist es vielleicht in dieser Woche nicht mehr möglich, dort hochzukommen, weil steil und Lawine. Wir packen also unsere Sachen, machen den obligatorischen LVS-Check und los geht's!
Oben am Limojoch: eine unglaublich eindrucksvolle Wetterstimmung aus über den Boden peitschenden Schneefahnen, Sonne und Wolken. Alleine: der Wind ist dort schon so stark, dass der Weiterweg zum Gipfel nicht mehr sinnvoll erscheint. Dort oben in schwierigem Gelände, Kälte, Wind und praktisch ohne die Möglichkeit miteinander zu kommunizieren - das Risiko ist zu groß. 
Kurzfristig wird das Programm also noch einmal geändert; wir steigen wieder ab zur Faneshütte und versuchen uns auf der anderen Talseite.
Fanesalm Nordwestseite
Das neue Ziel heißt Antoniusspitze. Auch auf dem Weg dorthin weht der Wind kräftig und es ist spürbar kälter geworden. Eine Teilnehmerin fühlt sich nicht gut und möchte umkehren. 
Und nochmals hat unser Bergführer eine Alternative in petto: wir umrunden die Fanesalpe auf etwa gleichbleibender Höhe oberhalb der Waldgrenze. Das Beste: der Abstieg durch den mit Felsblöcken durchsetzten Wald rechts des Bachs macht richtig, richtig Spaß!
Nachmittags finden sich noch einige Gleichgesinnte, die den Tag bei einem Spaziergang hoch zum Limojoch gemütlich ausklingen lassen (tosender Sturm und Schneefall, der sich im Gesicht wie Nadelstiche anfühlt als Beigabe).
Dritter Tourentag
Am Morgen zeigt der Blick durch's Hüttenfenster weiterhin waagrecht über den Boden jagende Schneefahnen und Wirbel in der Höhe. Eingedenk der Erinnerung an den Vortag ist an eine Gipfeltour nicht zu denken. Alleine der Gedanke ins Freie zu gehen wirkt absurd - zuhause würde man jetzt ein gutes Buch lesen oder mal wieder den Keller aufräumen.
Jedoch - wir sind nicht zum Vergnügen hier, es muss gewandert werden! Das Tagesziel lautet: wir legen die für den darauffolgenden Tag benötigte Spur in Richtung des Heiligkreuzkofels, eine echte Sherpa-Aufgabe. Im Anschluss wollen wir - so die Verhältnisse es zulassen - unsere gestrige Umrundung der Fanesalm weiter in Richtung Südost fortsetzen, so dass wir letztlich am - inzwischen wohlbekannten - Limojoch landen, von wo aus es nur noch ein Katzensprung zurück zur Faneshütte ist.
Na, dann wollen wir mal schauen!
Okay, eine große Überraschung war's nicht, dass es draußen kalt und windig war, manchmal auch windig und kalt und manchmal hab ich mir überlegt, ob es mir lieber ist nichts zu sehen, weil mir die Schneekristalle auf die Netzhaut nageln oder weil der gefrorene Atem die Brille total vereist hat.
Das bedeutet aber nicht etwa, dass es keinen Spaß gemacht hat, ganz im Gegenteil! Das Gelände war ja eher fluffig, nichts ernsthaftes, der Schnee meistens tief und weich und die ganze Szenerie war so richtig schön winterlich, wie es halt auch mal sein muss, wenn man im Winter im Gebirge unterwegs ist.
Mit der Spurerei haben wir uns außerdem selbst einen Gefallen für den nächsten Tag getan und allzu lange waren wir ohnehin nicht unterwegs.
Wieder zurück auf der Hütte hat der Christian ein kleines LVS-Training veranstaltet und danach war noch genug Energie für den inzwischen obligatorischen Nachmittagsspaziergang. Dieses Mal stand eine kleine Runde über die Lavarellahütte im Programm, Besetzung wie üblich.
So, jetzt kommen die schönen Bilder!
(nicht falsch verstehen: die Bilder bleiben schwarz/weiß, aber schöneres schwarz/weiß halt)
Vierter Tourentag
Heiligkreuzkofel
Wie wir es bestellt hatten, kam dann das gute Wetter. Der Heiligkreuzkofel war ja bereits angekündigt, die Spur gelegt, eigentlich mussten wir nur noch wie auf einer Rolltreppe darüber hinweggleiten...
Nun gut, das war das erste Drittel. Die Tour gliedert sich grob in drei Abschnitte (wobei wir nicht auf dem Gipfel waren, für uns war am Fuß des Gipfelaufbaus Schluss): den Anstieg über die Kleinfanesalm, entlang am Bach, bis man auf dem ersten Rücken oberhalb der Waldgrenze ist (bis dorthin hatten wir gespurt), einen längeren Weg durch kupiertes Gelände sowie den Schlussanstieg zum Gipfelaufbau.
Ich empfand den Anstieg durchaus als anstrengend, wobei mir vermutlich der kalte Wind unterhalb des Gipfels am meisten zu schaffen gemacht hat. Aber es war natürlich toll, wie sich die Landschaft nach Westen hin langsam geöffnet hat und die Sicht immer weiter wurde, bis hinüber in die Ortlerberge.
Außerdem ist die ganze Tour traumhaft abgeschieden! Wir waren die ganze Zeit komplett alleine unterwegs und das Gelände ist durchaus weitläufig, wie man an dem Track unschwer erkennt. Kein einziger Skifahrer war an dem Tag dort unterwegs, der Grund dafür ist wohl ausschließlich in der Geländebeschaffenheit zu suchen, denn wo es den Schneeschuhwanderer freut, wenn es gelegentlich rauf und runter geht, ist es dem Skitouristen eher ein Graus, jedes Mal aufs Neue anfellen zu müssen.
Beim Abstieg war der Wind dann wie weggeblasen und ich hab mir alle Zeit der Welt zum Fotografieren gelassen. Weiter unten im Wald ging's ab in den Tiefschnee, Puls 180, voll verschwitzt, Riesenspaß!
Und wenn man auf der Hüttenterrasse so in die Gesichter der Wanderer schaut, dann weiß man, dass der Tag kein schlechter gewesen sein kann.
Nach dem Abendessen gab's noch eine kleine Sternenwanderung und im Anschluss durften wir das Hüttenalbum anschauen, mit Postkarten und Fotos vergangener Zeiten...
Fünfter Tourentag
Monte Castello
Am Morgen kündigt der Blick ins Freie einen Traumtag an. Wir wollen hoch zum Monte Castello, einer würfelförmigen Erhebung im Grenzkamm zwischen Südtirol und Venetien, oberhalb der Großfanesalm. Im ersten Weltkrieg war hier schwer was los, das hatten wir am Vorabend schon im Hüttenalbum gesehen und der Gipfel ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse.
Aber erstmal spazieren wir hoch zum Limojoch und durchqueren den Kessel der Großfanesalm. Nebenher entledigt man sich des einen oder anderen Kleidungsstücks (keine Angst, bis zum Äußersten ist es nicht gekommen) und nebenher ist auch noch Zeit für etwas Kunst am Weg.
Den Monte Castello hat man bereits vor Augen, er ist aber noch ein ganzes Stück weit weg. Umso besser, denn die Spur verläuft schön und abwechslungsreich durch einen malerischen Felsssturz (also, da hat uns der Christian halt durchgeführt, ein Paar zeitgleich ansteigender Skitouristen sind weiter links gegangen. Selbige haben dann mal Pause gemacht, so dass wir sie überholt haben und sie haben es im Anschluss auch nicht mehr geschafft, uns zu überholen. Ich weiß, das tut nichts zur Sache, ist aber Balsam für die Seele der oft etwas abschätzig betrachteten Tennisschlägerstapfer).
Einige Geländestufen passierend nähert man sich dann letztendlich dem Gipfelfelsen, der die besagte Würfelform aufweist. Unterhalb des letzten Steilaufschwungs tauschen wir die Schneeschuhe gegen Grödel. Noch ein kurzes Wegstück, dann sind wir oben. Pause in der Sonne, ein umwerfender Blick auf die unmittelbar gegenüberstehenden Tofanen, Zufriedenheit pur!
Beim Abstieg dann wieder Zeit zum Schauen, Fotografieren, Ratschen. Wir halten uns rechts unserer Aufstiegsspur, queren schattige Mulden mit schönem Schnee und überschreiten die eine oder andere Wechte. 
Zum Schluss noch ein kurzer Zwischenanstieg zum Limojoch, danach lassen wir die Tour auf der Hüttenterrasse bei Apfelschorle und Hopfenkaltschale ausklingen.
Abstiegstag
Abstieg von der Faneshütte
Am Vorabend hatte noch das eine und andere Bier den Besitzer gewechselt, die Nacht war daher - für Hüttenverhältnisse - eher kurz. Wegen des Gepäcktransports waren bereits vor dem Frühstück die Sachen gepackt, mit dem Abmarsch hat es aber keinem so besonders pressiert.

Fotos habe ich vom Abstieg keine mehr gemacht. Es war noch recht schattig im Tal und verglichen mit den Bildern unserer Tourentage wäre ohnehin jedes weitere abgefallen. Am Berggasthof Pederü haben wir das Gepäck verstaut und uns dann verabschiedet. Man steht halt noch eine Zeitlang unmotiviert in der Gegend rum, weil eigentlich keiner so richtig Lust hat zu gehen. 
Fazit
Mir hat die Woche richtig Spaß gemacht! Ich habe nette Leute kennengelernt und auf der Hütte hat es uns an nichts gefehlt (vielen Dank an das tolle Hüttenpersonal, danke Fatima, danke Omar danke Eva sowie an die freundlichen Wirtsleute!). Das Wetter hat uns einerseits gefordert, andererseits verwöhnt und dank unseres Bergführers Christian konnte wir jeden Abend, egal wie die Verhältnisse waren, auf eine schöne Tour zurückblicken. 
Ich hoffe man sieht sich einmal wieder! Und im Übrigen gilt: Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub!

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